Der Erblasser hat zu Lebzeiten sowohl Vorempfänge (§ 788 ABGB) wie auch Schenkungen (§ 785 ABGB) zugewendet. Entscheidungsgegenständlich war die Frage, ob Vorempfänge an einen Noterben, soweit sie dessen Nachlasspflichtteil übersteigen, auch auf seinen Schenkungspflichtteil anzurechnen sind. Der OGH verneint diese Frage und kommt demnach zum Ergebnis, dass Vorempfänge nur auf den Nachlass-, nicht jedoch auf den Schenkungspflichtteil des Zuwendungsempfängers anzurechnen sind.
Anmerkung:
Diese Entscheidung begegnet erheblichen Bedenken: Schon nach der Wortinterpretation ist die Entscheidung mehr als fragwürdig, da der Vorempfang nach dem Gesetzeswortlaut des § 788 ABGB auf den „Pflichtteil“ anzurechnen ist, wobei zum Pflichtteil auch der Schenkungspflichtteil gehört. Indiesem weiten Sinn wird beispielsweise der Begriff „Pflichtteil“ insbesondere auch in den §§ 774, 787 Abs 1 ABGB verstanden. Auch teleologische Überlegungen sprechen dafür, Vorempfänge auf den Nachlass- und Schenkungspflichtteil anzurechnen, da sogar Schenkungen (§ 785 ABGB) auf den Schenkungspflichtteil des Beschenkten anzurechnen sind, obwohl Schenkungen im Vergleich zu Vorempfängen eine weit geringere Affinität zur Nachlassverteilung haben. (Zu all dem ausführlich Umlauft, Anrechnung von Vorempfängen nur auf den Nachlasspflichtteil?, NZ 2012/60, 169 ff;Eccher, Anrechnung von Vorempfängen auf den Schenkungspflichtteil, ÖJZ 2012, 477). Derselbe Senat des OGH hatte mittlerweile nochmals dieselbe Frage zu entscheiden (2 Ob 219/12 p); er ist von seiner Meinung nicht abgegangen und hat diese bestätigt, ohne sich freilich mit den auf die ursprüngliche Entscheidung (2 Ob 186/10 g) publizierten Meinungen inhaltlich auseinanderzusetzen.